Betty Blitz 


Eröffnung: 20.11.2024, 18.00 Uhr
Galerie WHA, Domgasse 1, 4020 Linz
Ausstellung: 21.11. bis 06.12.2024

 



Betty Blitz

Eröffnung: 20.11.2024, 18.00 Uhr
Galerie WHA, Domgasse 1, 4020 Linz
Ausstellung: 21.11. bis 06.12.2024

Begrüßung: Katharina Kloibhofer, Vorstand forum - Kunstuniversität Linz
Einführung: Sandra Eichinger, Kunsthistorikerin, Kuratorische Assistenz Lentos Kunstmuseum Linz

Die Auseinandersetzung mit den Eigenschaften und Manipulationen von Licht ist ein immer bestehender Teil der künstlerischen Arbeit von Betty Blitz.
Der inhaltliche Fokus liegt auf der Gegenüberstellung von realen und surrealen Bildern, die Fragen betreffend Wahrnehmung und zeitlichen Zusammenhangen  behandeln.
Die Medien, die sie vorwiegend verwendet sind Film, Projektion und Fotografie. Die Umsetzung erfolgt großteils mittels analogem Filmmaterial, dessen Aufnahme und Entwicklung die ursprünglichen Methoden sind, um Licht festzuhalten.
Beobachtungen von hell und dunkel, Verzerrungen und Spiegelungen werden in den Mittelpunkt gerückt.

Öffnungszeiten:
21.11.2024, 22.11.2024 sowie
25.11. bis 29.11.2024
jeweils 15.00 bis 18.00 Uhr
bis 6.12.2024 kann die Ausstellung per Terminvereinbarung
besucht werden: forum@kunstuni-linz.at  

Ausstellungsansichten (Fotos: Violetta Wakolbinger)

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Text zur Ausstellung von Sandra Eichinger

 Betty Blitz vielschichtiges Werk bewegt sich zwischen Experimentalfilm, Fotografie, Installationskunst und performativen Arbeiten - im Rahmen der forum Presents Ausstellung liegt der Fokus auf fotografischen Werken der Künstlerin, entstanden zwischen 2016 und 2024.

Blitz wurde 1987 in Innsbruck geboren und studierte von 2008 bis 2014 an der Abteilung für Kunst und Bildung an der Kunstuniversität Linz. Weitere Stationen in der Ausbildung führten sie an die Willhelm De Kooning Academie Rotterdam und an die Filmschule Friedl Kubelka in Wien. Nach Aufenthalten in Linz, Wien, Rotterdam und Reykjavik lebt und arbeitet Blitz derzeit in Innsbruck. Ihre Experimentalfilme werden auf internationalen Filmfestivals gezeigt, so zum Beispiel auf dem International Documentary Film Festival in Jihlava in Tschechien, am Kinoskop Film Festival in Belgrad, und dem International Festival of Experimental Film and Video in Toluca, Mexiko. In österreichischen Kinos finden Screenings ihrer Experimentalfilme unter anderem im Rahmen der Diagonale Graz, Cinema Next on Tour oder der Diametrale statt. 2022 gewann Blitz den CURATORS AWARD des KINOSKOP Film Festivals in Belgrad. Für die Experimentalfilme Overall und Quintessence erhielt sie Förderungen vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, den Ländern Oberösterreich und Tirol, sowie der Linz Kultur. Gemeinsam mit David M. Schuh gründete Blitz 2016 das Kunstkollektiv Blitzschuh, in dem zu Beginn an gemeinsamen Video- und Soundperformances gearbeitet wurde. Seit 2019 erfolgt die Zusammenarbeit unter Blitzschuh Productions hauptsächlich in der Umsetzung von Kurzfilmen.

Dass in Blitz’ Werk alles ineinander greift, zeigt sich durch eine ganz eigene Ästhetik, die sowohl den Filmen der Künstlerin wie auch den Fotografien eigen ist: in Schwarz-Weiß fängt Blitz mit der Analogkamera Bildwelten von surrealer Anmutung und poetischer Verdichtung ein.

In der Vorbereitung zur Ausstellung meint die Künstlerin: „Die Filme selbst sieht man sich am besten im Kino an“. So sind in der Ausstellung Fotografien zu begutachten, die dem filmischen Werk jedoch stark verwandt erscheinen. Zwischen Pinhole-Fotografien, experimentell bearbeiteten Fotos und Filmstills, wird die spielerische Herangehensweise an das Medium der Analogfotografie erkennbar. Immer schwingt ein Moment des Zufalls mit, den auch die ausgefeiltesten technischen Kenntnisse weder ausradieren können noch sollen. Durch experimentelle Verfahren wie der Mehrfachbelichtung schieben sich Ebenen geisterhaft ineinander und erzeugen Bilder, die wie Momentaufnahmen erscheinen und dennoch ineinander fließen, sich wie Collagen übereinanderlegen und einer gewissen Gleichzeitigkeit hingeben.

Oft sind es architektonische Elemente, welche in den Blick der Künstlerin geraten und eine ganz eigene, getragene Stille vermitteln. Und doch ist den Arbeiten auch eine innere Bewegtheit zuzuschreiben die das Filmische im fotografischen Werk erfahrbar macht. Erkennen lässt sich das in Fotoserien wie Vist, (aufgenommen in Wien) oder Fusion (aufgenommen in Linz). In Fusion werden architektonische Elemente und Landschaftsaufnahmen übereinander gelegt, durch Doppelbelichtung gestaffelt und neu zusammengesetzt. Dabei entsteht eine Art Grundgerüst aus horizontalen und vertikalen Verstrebungen, die als Trennstreifen die Ästhetik eines Filmstreifens aufgreifen. Ebenso wirken sie wie ein Split Screen, der die Existenz mehrerer Szenen nebeneinander nahelegt, zu erkennen vor allem im Werk Fusion - Sleepwalkers. Verstärkt wird dieser ästhetische Vergleich zusätzlich durch die Wahl des langgezogenen Querformats.
Grautöne und die Stille der Szenen verleihen den Fotografien einen melancholischen Zug, nur wenige Personen sind als entfernte Spazierende zu erkennen und erzählen eine Handlung, die sich durch die reine Betrachtung nur erahnen lässt. Erst bei genauerem Hinsehen treten auch surrealistische Züge hervor - durch die Technik der Doppelbelichtung finden sich Personen im Himmel spazierend wieder, Geländer werden zu Rissen im Bild und verschmelzen in der Zeitlichkeit der Staffelung von Ebenen.

In der Fotoserie Vist treten architektonische Verwandlungen noch stärker in den Vordergrund. Gebäude, industrielle Motive und Baumaterialien werden auch hier durch den Effekt der Doppelbelichtung überlappt und lassen neue Formen und oft sogar figurale Momente entstehen, die an das Spiel Le Cadavre Exquis der Surrealisten erinnern.

Die Spannung im Ausloten der Grenzen des Mediums Fotografie durch experimentelle Manipulation wird auch im Werk buildbuildbuild sichtbar. Eine ruinöse Ziegelwand macht Platz für einen Flusslauf, Materialitäten und Motive verschmelzen zu einer rhythmischen Musterung.

Die Künstlerin entwickelt ihre Fotografien meist selbst, was mehr Spielraum im experimentellen Zugang zum Material ermöglicht. Manche Fotografien - so wie vorher beschrieben buildbuildbuild - oder filmische Arbeiten bearbeitet Blitz dabei auch digital nach. Das Hauptaugenmerk gilt aber immer den Grenzen und Möglichkeiten des Analogfilms, der die Ästhetik von Blitz Fotoarbeiten bestimmt.

Während die fotografischen Motive sich oft eher spontan ergeben, ist Blitz filmisches Werk weniger dem Zufall überlassen und unterliegt stärkeren szenischen Elementen.

Erst dieses Jahr entstanden ist der Film Overall, ein etwa 14 Minuten dauernder 16mm Experimentalfilm, der erst vor kurzem am International Documentary Film Festival in Jihlava, Tschechien, sowie auf der Cinema Next Tour in Innsbruck gezeigt wurde. Dass weibliche Identität, sowie Körper und deren Verbindungen hier eine große Rolle spielen, kann man an den ausgestellten Filmstills erkennen: Tänzer*innen werden poetisch in ihrer Bewegung festgehalten, finden sich in totaler Leere oder in der Materialität des Films wieder, finden zueinander und streben über das Bild hinaus. In anderen Szenen werden Körper zu Farbflächen, die sich nicht mehr voneinander abgrenzen lassen und eine Masse in sich bilden oder sich durch die Überlagerung von Strukturen zu einem abstrakten Muster verfremden. Bereits im fotografischen Werk ist der Filmgrain, die Körnung des Films immer präsent, in den Filmszenen wird er noch wichtiger und besticht als allgegenwärtiges Element des 16mm Films, das den Aufnahmen eine gewisse Nostalgie verleiht.

Das Gesicht einer Frau, zersplittert, als ob ihr Blick durch einen zerborstenen Spiegel auf sich selbst zurückfällt, wirkt als Standbild stärker in sich gekehrt als im Film, in dem die Intensität der Handlung durch Musik von David M Schuh verstärkt wird. 

Ein weiterer Analogfilm, ebenso auf 16mm Filmmaterial gedreht, entstand 2022 und trägt den Titel Quintessence. Anhand von surrealen Bildwelten verhandelt der Experimentalfilm auf metaphorischer Ebene das Entstehen eines neuen Lebens und macht dabei klar, was für ein existenziell einschneidender Moment eine Geburt und das Werden eines Menschen ist. Losgelöst von den filmischen Szenen, stellen die ausgestellten Filmstills auch eine Arbeit in sich dar und wirken als eigenständige Aufnahmen - lässt sich anhand der Standbilder doch kaum das Thema des Films erahnen. Quintessence in Form von Filmstills bedeutet, dass man sich Auge in Auge mit einer Zwiebel wiederfindet, oder ein abstrakt geometrisch geformtes Objekt, sich wie im Weltraum schwebend in freiem Fall zeigt.

Diese besondere Herangehensweise, pendelnd zwischen dem Medium Fotografie und Film, zeichnet Blitz’ Arbeiten aus und macht es einfach in die schwarz-weißen Analogwelten einzutauchen. Mit viel Sensibilität zeichnen sich Bildwelten ab, die in ihrer Intensität fesseln. Das ist bereits an den Fotoarbeiten erkennbar, wird im Bewegtbild-Format aber noch weiter verstärkt. Deshalb folgt zum Schluss noch eine unbedingte Empfehlung, sich Blitz’ Filme tatsächlich im Kino anzusehen - die nächste Gelegenheit dafür gibt es zum Beispiel im Dezember, beim Kinoskop Film Festival in Belgrad.